kleine geschichte aus der rheinbahn
Mit einem Tagesticket in der Tasche und etwas Übermut im Bauch
betrete ich die U-Bahn. Es dauert nicht lange, bis sich Kontrolleure zu
erkennen geben. Sofort breitet sich bei mir ein inneres Unbehagen über
die anstehende Kontrolle der Fahrgäste aus. Mit meinem Fahrschein wähne
ich mich sicher und möchte dieses Gefühl mit anderen teilen. Also fasse
ich einen Entschluss, und als die Bahn in der nächsten Station einfährt,
stelle ich mich in die geöffnete Tür und rufe mit lauter und sicherer
Stimme über den Bahnsteig: "Achtung Schwarzfahrer*innen, es sind
Kontrolleure in der Bahn". Daraufhin kommt ein Rheinbahnmitarbeiter auf
mich zu und möchte meine Fahrkarte sehen. Ich zeige ihm meinen
Fahrschein. Anstatt ihn mir nach der Kontrolle wieder auszuhändigen,
behält er diesen in der Hand und verlangt nach meinem Ausweis. Als ich
nach dem Grund frage, erklärt er mir, dass die Rheinbahn mich anzeigen
möchte. Inzwischen sind zwei weitere Kontrolleure eingetroffen und
umschlossen mich in einem Halbkreis. Da ich die geschlossene Tür in
meinem Rücken habe, wirkt dies sehr bedrängend. Ich erkundige mich, was
man mir vorwirft und so erfahre ich, dass ich wegen "Verhinderung einer
Straftat" anzeigt werden soll. Als ich mich weigere, ihnen meinen
Ausweis auszuhändigen, wird mir mit der Polizei gedroht. Das Angebot, an
der nächsten Station die Bahn mit den drei Herren zu verlassen, um mit
ihnen auf die Polizeibeamt*innen zu warten, schlage ich aus. Zu ihrem
Unmut teile ich Ihnen mit, bis zu meiner gewünschten Station zu fahren
und weiterhin meine Warnung bei jedem Halt aus der Tür zu rufen. So
setzen wir die Fahrt fort. Zwischendurch stattet uns der Bahnfahrer
einen Besuch ab und erklärt aufgebracht, dass alles mit Hilfe der
Kameras aufgezeichnet würde. Als wir uns der Station nähern, an der ich
aussteigen will, setzen mich die Rheinbahnmitarbeiter darüber in
Kenntnis, dass sie mich "anfassen" würden, falls ich versuchen sollte,
wegzulaufen. Nachdem wir ausgestiegen waren, standen die drei Männer
weiterhin Spalier um mich, und so warteten wir mehrere Minuten auf die
Polizei. Diese stellte meine Identität fest und händigte die Daten den
Bahnmitarbeitern aus. Bisher habe ich noch keine Post erhalten, aber
egal ob noch ein Brief kommt oder nicht: Fortsetzung folgt.
An dieser Stelle noch mal der Aufruf: wenn ihr ein Ticket 1000, 2000,
Young- , Bären-, Firmen- oder Studi-Ticket habt, tragt den Roten Button
(gibt es u.a. bei BiBaBuZe), der zeigt, dass ihr Menschen mitnehmen
könnt. Solidarisiert euch untereinander und verbreitet die "Aktion
Freifahrt". Auch wenn die Bahnbetreiber gerne möchten, dass man
"Fahrgemeinschaften" an den Haltestellen bildet, könnt ihr sie auch in
den Bahnen bilden, die kontrolliert werden. Sprecht euch auch mit
fremden Menschen ab und vermeidet so hohe Geldstrafen oder Anzeigen,
denn "das will doch wirklich keiner".
(aus Stattzeitung TERZ April 2013)
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Bei vielen sind die Roten Buttons – mit denen signalisiert wird, dass
man jemanden kostenlos im ÖPNV mitfahren lassen kann und will – zu
Anfang des Jahres mit der Wintergardrobe in den Schrank gewandert und
wurden dann mitsamt den Mottenkugeln entfernt.
Steckt den Button wieder an! Es ist wichtiger denn je. Durch den Kaufkraftverlust stehen Hartz-IV-Beziehenden noch weniger als 15 Euro monatlich für die Nutzung des ÖPNV zur Verfügung. Vielen wurde in Düsseldorf bereits der Strom abgesperrt. Insofern ist das Angebot des 29,90-Euro-„Sozial“ -Ticket nur zynisch zu nennen. Für Geringverdienende sicherlich besser als nichts. Doch wem nicht mehr als der Hartz-IV-Satz zur Verfügung steht, kann es sich schlicht nicht leisten.
Deshalb: Steckt euch den roten Button an. Falls der Button verrostet sein sollte, holt euch einen neuen an den bekannten Ausgabestellen, z.B. BiBaBuZe, fifftyfifty, Arbeitsloseninitiative, KAB, Armenküche etc.
Denn das Tragen des roten Button signalisiert:
- Ich kann eine 2. Person in Bus und Bahn mitnehmen
- Jeder Mensch hat das Recht auf Mobilität
- Ich bin für die Einführung eines echten Sozialtickets für 15 Euro!
Übrigens: Jede_r, die/der ein Ticket 2000, ein Ticket 1000, ein Studi-, Firmen- oderBärenticket besitzt, ist berechtigt, an Werktagen nach 19h am Wochenende und Feiertagen ganztägig eine Person mitzunehmen.
(aus: Stattzeitung TERZ)
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Das hartnäckige Sträuben der Landes- und Lokalpolitik gegen ein Sozialticket nennt der Bochumer unabhängige Sozialberater Norbert Hermann
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